Mit „Parlermo [sic!]. Für Dich! 25. Dez. 1881. R.W.“ beendet Richard Wagner die Partitur seines letzten Werks, des Bühnenweihfestspiels Parsifal, und gibt damit vor, er habe das Werk zum Geburtstag seiner Frau Cosima vollendet. Hier mogelt er. Unter Zeitdruck sind Seiten leer geblieben und werden erst während der nachfolgenden Wochen gefüllt – abzulesen an den unterschiedlichen Tintenfarben. Tinte und Einband sind die augenfälligsten Kennzeichen dieser Partitur. Die violette Tinte, in der der größte Teil notiert ist, und die Stick-Ikone, die auf den Einband genagelt ist, sind im Rahmen der Exegese des Werks oft als Bedeutungsträger herangezogen worden. Dabei sind beide nur dem Zeitgeschmack und Zufällen geschuldet. Mit der Entwicklung synthetischer Farbstoffe im 19. Jahrhundert ist Mauve beispielsweise eine begehrte Modefarbe, die bei Wagners sehr geschätzt wird, sei es für Kleidung, die Ausstattung des neuen Heims – wie zum Beispiel des „Lila Salons“ in Haus Wahnfried – oder eben als Schreibutensil. Auch eine inhaltliche Verknüpfung mit der Dexiokratusa auf dem Einband ist zumindest von Wagner nicht überliefert. Zufällig entdeckt er die Ikone 1882 in Venedig und fügt sie der Partitur als neuerliche „Geschenkverpackung“ zu. Bedeutsamer ist die Notation des Autographs. Entgegen der üblichen Praxis führt Wagner nicht alle Systeme, so beispielsweise diejenigen der pausierenden Stimmen, auf jeder Seite mit, sondern bildet Akkoladen nur mit den Stimmen, die tatsächlich singen oder spielen – eine sehr papiersparende Methode, die jedoch einer sehr exakten Planung bedarf.
Parlermo [sic]. Für Dich! 25 Dez. 1881. RW [eigenhändige Widmung von Richard Wagner am Ende des 3. Aufzuges]